Zum Tod von Klaus Lauer : Hotelier der Musik
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Klaus Lauer Bild: Alpen Klassik-Festival/Bad Reichenhall
Der Hotelier Klaus Lauer hatte 1973 den Mut, im Römerbad-Hotel Badenweiler mit einem Festival auf Neue Musik zu setzen. In mehr als vierzig Jahren hat er 33 Uraufführungen ermöglicht. Jetzt ist er mit achtzig Jahren gestorben.
Als Klaus Lauer noch das Römerbad-Hotel in Badenweiler leitete, das einst strahlende, heute traurig dahinsiechende Palais blanc der Belle Époque im Markgräflerland, da gingen die Komponisten Pierre Boulez, Elliott Carter, György Kurtág, Wolfgang Rihm und Jörg Widmann bei ihm ein und aus. Lauer hatte es 1973 gewagt, die Römerbad-Musiktage zu gründen, die mit Nachdruck, aber ohne Ausschließlichkeit auf Neue Musik setzten und sie als Teil einer fast salonhaften Geselligkeit begriffen. Begonnen hatte alles schon im Sommer 1966. Der damals vierundzwanzigjährige Hotelier bekam von Stammgästen des Hauses, in dem er gerade arbeitete, Karten für Richard Wagners „Parsifal“ bei den Bayreuther Festspielen geschenkt und wurde überdies zum Tee geladen – bei Winifred Wagner, der Schwiegertochter des Komponisten. An diesem Nachmittag lernte Lauer Boulez kennen, der den „Parsifal“ dirigierte. Nach dem Tee gingen beide zusammen essen. Es wurde der Beginn einer Freundschaft, die bis zu Boulez’ Tod im Januar 2016 andauern sollte.
Lauer lud Boulez mehrfach zu den Römerbad-Musiktagen ein, gleich für eine ganze Woche mit dem gesamten Ensemble intercontemporain. Für die Komponisten, die Musiker und das Publikum schuf er eine Atmosphäre der Intimität und Intensität, der es gelang, diese Kunst nahbar zu machen und ein Publikum für sie zu interessieren, das von sich aus nicht auf den Gedanken gekommen wäre, sich mit ihr auseinanderzusetzen.
Mehr als vierzig Jahre währte das Festival, dann zog sich Lauer aus dem Römerbad zurück, ging nach Bad Reichenhall, nutzte seine Künstlerkontakte vier Jahre lang für die dortige Alpenklassik und kam wieder nach Badenweiler zurück. Noch einmal nahm er vier Jahre lang bis 2017 seine eigene Tradition mit den Badenweiler Musiktagen auf, die danach zwei Jahre von Lotte Thaler weitergeführt wurden, bis der örtliche Träger, beschleunigt durch die Corona-Pandemie, seine finanzielle Unterstützung einstellte. In den mehr als fünfhundert Konzerten, die Lauer programmatisch mitgestaltet hat, gab es 33 Uraufführungen; der Komponist George Benjamin widmete ihm gar ein „Lauer Lied“.
Im Jahr 2019 legte Lauer ein Büchlein mit dem Titel „Hotelier der Musik“ vor (Rombach Verlag*, Freiburg), das nur einen Bruchteil jener Geschichten wiedergibt, die er bei der gepflegten Kulinarik nach den Konzerten – stets Takt und Diskretion wahrend – zu erzählen wusste: vom Musikkritiker der „Zeit“ Heinz Josef Herbort, der sich während des Festivals als Hilfskraft in der Küche des Römerbads verdingte, oder von einem Kunsthändler, der eine Nacht lang schockweise Bouteillen Dom Pérignon bestellte. In den letzten Jahren schwärmte Lauer für das zarte Raffinement der Musik des französischen Flottenadmirals Jean Cras (1879 bis 1932), nahm aber auch lebhaften Anteil an den Bayreuther Festspielen. Wie seine Frau jetzt mitteilt, ist Klaus Lauer am Montag vergangener Woche nach langer Krankheit gestorben. Er wurde achtzig Jahre alt.
*Der Verlagsname wurde nach freundlichem Hinweis korrigiert.